Leopoldine Puhl
Tabakarbeiterin, im NS-Widerstand

Leopoldine Puhl, 1953 (Foto privat, Walter Puhl)

Geboren am 31.10.1907 als Tochter des Steinmetz Alois Mazza und seiner Frau Josefa (Josefine, 1884-1950) in Herzogenburg.1 Die Familie übersiedelte bald nach der Geburt von Leopoldine nach Krems. Mutter, Josefa war bis 1934 sozialdemokratische Gemeinderätin in Krems.2 1926 begann Leopoldine in der Tabakfabrik Stein zu arbeiten, 1928 Heirat mit dem Tischler Ferdinand Puhl (gest. 1986 in Krems).3, zwei Kinder (Friedrich und Walter), bis zu ihrer Verhaftung wohnhaft in der Alauntalstr. 391.4 Leopoldine Puhl war von 1926 bis 1934 in der sozialdemokratischen Gewerkschaft organisiert.
Ende l941/Anfang 1942 wurde Leopoldine Puhl beschuldigt, vom kommunistischen Aktivisten Franz Wieland angeworben worden zu sein, für die „Rote Hilfe“ (eine Hilfsorganisation, die geflohene oder inhaftierte kommunistische und sozialdemokratische Parteimitglieder und deren Familien unterstützte) gespendet und Marie Malat zur Spendentätigkeit angeworden zu haben. Außerdem habe sie kommunistische Zeitschriften weitergegeben.5 Puhl wurde noch am 19. Jänner wegen des „Verdachtes der Beihilfe zum Hochverrat“ fristlos aus der Tabakfabrik entlassen.6
Leopoldine Puhl blieb bis zur Gerichtsverhandlung am 4.Dezember 1942 auf freiem Fuß.7  Gemeinsam mit Puhl angeklagt waren weitere Angehörige der Tabakfabrik Stein: Der Maurer Otto Schöps, und die Tabakarbeiterinnen Leopoldine Ankerl (1902-1973), Marie Donabauer (1902-1981) und Marie Malat (1911-1967), sowie der Arbeiter Anton Hirnschall, der bei der Firma Schumm beschäftigt war. Die Angeklagten wurden wegen „Vorbereitung zum Hochverrat“ vom Oberlandesgericht Wien verurteilt. Leopoldine Puhl erhielt wegen der Sammlung von Spenden mit fünf Jahren Zuchthaus das höchste Strafausmaß. Otto Schöps und Anton Hirnschall erhielten vier Jahre Haft und Leopoldine Ankerl, Marie Donabauer sowie Marie Malat wegen Spendentätigkeit jeweils drei Jahre Zuchthaus.8

Leopoldine Puhl 1980 (Foto privat, Walter Puhl)

Leopoldine Puhl und die anderen Arbeiterinnen wurden am 1. Februar 1943 in das bayrische Frauengefängnis Aichach eingeliefert,9 in dem viele politische Gefangene unter prekären Bedingungen inhaftiert waren. Leopoldine Puhl blieb dort bis zur Befreiung durch die US-amerikanischen Truppen am 16. Mai 1945.10 Im August 1945 kehrte sie nach Krems zurück. Leopoldine Puhl wurde zunächst wieder in der Tabakfabrik angestellt, die Nachzahlung des Verdienstentgangs seit ihrer Entlassung sei nicht möglich, teilte ihr die Austria Tabakwerke in einem Schreiben mit.11 Aufgrund ihrer durch die Haft stark angegriffenen Gesundheit, wurde sie jedoch 1946 mit der Höchstbemessungsgrundlage von 35 Arbeitsjahren pensioniert.12 Weiters erhielt sie eine kleine Rente nach dem Opferfürsorgegesetz. Leopoldine Puhl starb 12.3.1996 in Krems.13
(Edith Blaschitz, aktualisiert 23.11.2023)

Verwendete Quellen:
Taufbuch Herzogenburg 1907; Trauungsbuch Krems 1928; Urteil des 7. Senates des Oberlandesgerichtes Wien 14.12.1942 gegen Anton Hirnschall u.a. (=Dokumentationsarchiv des Österreichischen Widerstandes, Akt 9582; 40282); Opferfürsorgeakt Leopoldine Puhl (Niederösterreichisches Landesarchiv); JVA 8543, Leopoldine Puhl, Justizstrafanstalten, Staatsarchiv München; Transkript biografisches Interview mit Robert Streibel, Krems 1985 (freundlicherweise zur Verfügung gestellt von R. Streibel 2020).
Siehe weiters auch: Streibel, Robert: Der lange Weg zur Befreiung (Sondernummer „Kremser Nachrichten“, Hrsg. von der Bezirksorganisation KPÖ Krems, Nr. 2/1985), S. 50; Streibel, Robert: Krems 1938-1945. Eine Geschichte von Anpassung, Verrat und Widerstand. Weitra 2014.

Leopoldine Puhl

Fußnoten

  1. Taufbuch Herzogenburg 1907.
  2. Transkript biografisches Interview Leopoldine Puhl (durchgeführt von Robert Streibel), 1985; Gemeinderatprotokoll 1919, Stadtarchiv Krems (Recherche Eva Richter-Mahrer).
  3. Trauungsbuch Krems 1928,
  4. Personalakt Leopoldine Puhl, JVA 8543, Staatsarchiv München.
  5. Urteil des 7. Senates des Oberlandesgerichtes Wien 14.12.1942 (DÖW 8582).
  6. Schreiben Austria, Tabakwerke AG, vormals Austria Tabakregie, 3.10.1945, in Opferfürsorgeakt Leopoldine Puhl.
  7. Niederschrift Leopoldine Puhl, Magistrat der Stadt Krems, 29.1963, in Opferfürsorgeakt Leopoldine Puhl.
  8. Urteil des 7. Senates des Oberlandesgerichtes Wien 14.12.1942 (DÖW 8582).
  9. Personalakt Leopoldine Puhl, JVA, Staatsarchiv München; Bestätigung Strafanstalt Aichach, 10.2.1953, in Opferfürsorgeakt Leopoldine Puhl.
  10. Ebd.
  11. Schreiben Austria, Tabakwerke AG, vormals Austria Tabakregie, 3.10.1945, in Opferfürsorgeakt Leopoldine Puhl.
  12. Schreiben Austria, Tabakwerke AG, vormals Austria Tabakregie, 1.6.1949, in: Opferfürsorgeakt Leopoldine Puhl.
  13. Todesbestätigung der Stadt Krems, in: Opferfürsorgeakt Leopoldine Puhl.
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