Leopoldine Ankerl
Tabakarbeiterin, im NS-Widerstand

Geb. am 8.8.1902 als Tochter von Anna und Leopold Rohrhofer in Mauternbach,1  Besuch der Volksschule in Unterbergern. Danach arbeitete sie zunächst in der Landwirtschaft, ab 1922 in der Tabakfabrik Stein.2 1927 Heirat mit dem Schuhmacher Rudolf Ankerl (geb. 4.4.1901 in Krems, gest. 27.11.1942)3, Tochter Edith (geb. 1931). 1922–1934 Mitglied der Sozialdemokratischen Arbeiterpartei. Wie andere Angehörige der Tabakfabrik Stein wurde Leopoldine Ankerl am 3. Dezember 1941 auf Grund einer Anzeige zur Gestapo im Kreisgericht Krems gebracht. Sie wurde beschuldigt, Unterstützungsbeiträge für die „Rote Hilfe“ (eine illegale Hilfsorganisation für die Familien inhaftierter Kommunist_innen und Sozialdemokrat_innen) gezahlt zu haben.4 Im Mai 1940 habe sie Franz Wieland, Schlosser in der Tabakfabrik, um diese Unterstützungsbeiträge gebeten, die sie bis Dezember 1940 geleistet habe.5 Ohne verurteilt worden zu sein, wurde sie bereits am 19.1.1942 von der „Austria Tabakregie“, aus politischen Gründen fristlos entlassen.6
Sie wurde gemeinsam mit den Tabakarbeiterinnen Leopoldine Puhl, Marie Malat, Marie Donabauer, dem ebenfalls in der Tabakfabrik angestellten Maurer Otto Schöps sowie dem Arbeiter Anton Hirnschall, angestellt bei der Fa. Schumm,wegen „Vorbereitung zum Hochverrat“ vom Oberlandesgericht (OLG) Wien  angeklagt und am 14.12.1942 zu drei Jahren Zuchthaus verurteilt.7
Nach der Verhandlung wurde sie in Haft genommen und am 1.2.1943 in die bayrische Strafanstalt Aichach eingeliefert. Am 21.12.1943 wurde sie  aufgrund des „Heldentodes“ ihres Mannes, der als Wehrmachtssoldat am 27. November 1942 getötet worden war8, auf Bewährung entlassen.9 Sie kehrte nach Krems zurück und wurde nach Kriegsende, am 6.6.1945, wieder in der Tabakfabrik angestellt.10 Noch 1945 wurde sie Mitglied der KPÖ.11  Ihre Inhaftierung wurde nach dem Opferschutzgesetz anerkannt, mehrmals suchte sie aufgrund in der Haft erlittener Gesundheitsschädigungen um Ausgleichszahlungen an. Die Austria Tabakfabrik rechnete ihr die Zeit ihrer Haft für ihre Pensionsansprüche an.12 Leopoldine Ankerl starb am 13.3.1973 in Krems.13 
(Edith Blaschitz, aktualisiert 23.11.2023)

Verwendete Quellen:
Taufbuch 1902 Mautern; Trauungsbuch 1927 Stein an der Donau; Urteil des 7. Senates des Oberlandesgerichtes Wien 14.12.1942 gegen Anton Hirnschall u.a. (=Dokumentationsarchiv des Österreichischen Widerstandes: DÖW 1436, DÖW 8582); Opferfürsorgeakt Leopoldine Ankerl, Niederösterreichisches Landesarchiv; Personalakt Leopoldine Ankerl, Justizvollzugsanstalten (JVA), Staatsarchiv München; Korotin, Ilse (Hg): BiografiA: Lexikon österreichischer Frauen. Wien, u.a. 2016 (genutzte Quellen: Datenbank OLG, DÖW,  L.: Brauneis, Inge: Widerstand von Frauen in Österreich gegen den Nationalsozialismus 1938-1945, 1974, hrsg. von Dokumentationsarchiv des österreichischen Widerstandes: Widerstand und Verfolgung in Niederösterreich 1934-1945. Eine Dokumentation. Wien 1987, Band 2).
Siehe weiters auch:
Streibel, Robert: Der lange Weg zur Befreiung (Sondernummer „Kremser Nachrichten“, Hrsg. von der Bezirksorganisation KPÖ Krems, Nr. 2/1985), S. 50.

 

Leopoldine Ankerl

Fußnoten

  1. Taufbuch Mautern 1902.
  2. Aussage Leopoldine Ankerl, Gestapo 3.12.1941 (DÖW 1436).
  3. Trauungsbuch Stein 1927.
  4. Schreiben Leopoldine Ankerl,  5.2.1948, in Opferfürsorgeakt Leopoldine Ankerl.
  5. Aussage Leopoldine Ankerl, Gestapo 3.12.1941 (DÖW 1436).
  6. Schreiben Austria Tabakwerke AG, 4.2.1972, in Opferfürsorgeakt Leopoldine Ankerl.
  7. Urteil des 7. Senates des Oberlandesgerichtes Wien 14.12.1942 (DÖW 8582).
  8. Taufbuch Krems, Rudolf Ankerl, 4.4.1901
  9. JVA 1238, Personalakt Leopoldine Ankerl, Staatsarchiv München.
  10. Schreiben Austria Tabakwerke AG, 4.2.1972, in Opferfürsorgeakt Leopoldine Ankerl.
  11. Schreiben Leopoldine Ankerl,  5.2.1948, in Opferfürsorgeakt Leopoldine Ankerl.
  12. siehe Opferfürsorgeakt Leopoldine Ankerl.
  13. Taufbuch Mautern 1902.
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