Olga Wisinger-Florian
Malerin, Pianistin

Portrait ca. 1897

Geboren am  1.11.1844 in Wien als Tochter von Minna (geb. List, gest. 1887 in Etsdorf am Kamp) und Franz Florian, k. k. Regierungsrat der Kabinettskanzlei. Malunterricht ab 12 Jahren, den sie nach fünf Jahre abbrach und ein Klavierstudium bei Julius Epstein am Wiener Konservatorium begann. Die Karriere als Konzertpianistn musste sie jedoch 1874 aufgrund eines Handleidens beenden. Im selben Jahr Heirat mit dem Apotheker Franz Wisinger (gest. 1890), Sohn Oscar (geb. 1875). Wiederaufnahme von Unterrichtsstunden in Malerei bei Melchior Fritsch und später bei August Schaeffer. 1880–1884 Privatschülerin des Landschaftsmalers Emil Jakob Schindler. 1881 mit Schindler und weiteren Schüler*innen nach Duino, 1882 in die Wachau.
Ab 1881 Teilnahme an den jährlichen Ausstellungen im Künstlerhaus. An den Ausstellungseröffnungen durften Frauen allerdings zunächst nicht teilnehmen, außerdem beklagte Wisinger-Florian die ungünstige Platzierung ihrer Bilder. Trotzdem begann sie erfolgreich Bilder zu verkaufen und sich einen Namen zu machen, 1886 erwarb Kaiser Franz Joseph eines ihrer Landschaftsbilder, weitere Kund*innen aus dem Hochadel folgten. Ausstellungen in München, Berlin, Prag, Paris und Chicago. Olga Wisinger-Florian war eine geschickte Kommunikatorin und Netzwerkerin. Ende des 19. Jahrhunderts war sie eine der bekanntesten Künstlerpersönlichkeiten in Wien. Ist ihr frühes malerisches Schaffen dem sogenannten Österreichischen Stimmungsimpressionismus zuzuordnen, schuf sie  später farblich expressive Landschafts- und Blumenbilder und experimentierte mit neuen Raum- und Seherlebnissen. Sie gehörte ab den 1890er Jahren zur Avantgarde der Landschaftsmalerei und war eine der am meisten ausgezeichneten Frauen ihrer Zeit. Aufgrund eines Herzleidens seit 1899 regelmäßige Kuraufenthalte im Sanatorium Burg Hartenstein im Kremstal. Die Sommermonate verbrachte sie in Gars am Kamp, später in Etsdorf am Kamp.

„Bauernhof in Etzdorf“

Olga Wisinger-Florian engagierte sich besonders für die Förderung von Frauen und Frauenkunst. Mit den Malerinnen Feodorowna Ries, Marie Egner und Marianne Eschenburg gründete sie die Ausstellungsgemeinschaft der „Acht Künstlerinnen“, die von 1901 bis 1909 jährlich im Salon Pisko ausstellten. Dem „Verein der Schriftstellerinnen und Künstlerinnen in Wien“  (VSKW), der sich der Förderung des künstlerischen Schaffens von Frauen widmete, stand sie 17 Jahre als Präsidentin vor. An der Seite von Bertha von Suttner engagierte sich Olga Wisinger-Florian auch für die Friedensbewegung.
Ab 1908 begann sich ihr Gesundheitszustand zu verschlechtern, von einer Krebserkrankung und einem Schlaganfall wird berichtet. Sie zog sich nach Grafenegg zurück, wo sie am Schlossgelände ein Landhäuschen zur Verfügung gestellt bekam. Nach einer Tumorerkrankung erblindete sie. Olga Wisinger-Florian starb am 27.2.1926 in Grafenegg.

Olga Wisinger-Florians Werke sind in großen österreichischen Sammlungen vertreten: Österreichische Galerie Belvedere, Niederösterreichische Landesgalerie, Krems; Oberösterreichisches Landesmuseum, Linz; Neue Galerie, Graz; Leopold Museum, Wien. 2019 widmete ihr das Leopold Museum eine erste umfassende Personale, die die Malerin wieder in das öffentliche Bewusstsein brachte. Ihr Bild „Hortensien (aus Grafenegg)“ (1901) erzielte 2020 bei einer Versteigerung einen Rekordpreis.

Ausz.: 1888 Mention Honorable, Salon Paris; 1891 Ehrendiplom London und Goldene bayerische Medaille von König Ludwig; 1893 Medaille Weltausstellung Chicago; 1897 Kleine goldene Staatsmedaille, Wien; 1900 Medaille Salon und Weltausstellung Paris; 1901 Officier d’Académie; 1905 Große goldene Staatsmedaille, Salzburg; 1906 bulgarische Medaille für Kunst und Wissenschaft.
(Edith Blaschitz)

Zitat:
„Ich war dreißig Jahre alt, als ich mit dem Malen wieder anfing. (…) Die Zeit der Achtzigerjahre war für die Frau jedenfalls eine bessere, im Künstlerhaus wurde nicht gefragt, ob es Mann oder Frau ist, die ausstellt. Heute aber ist die Strömung gegen die Frauen stärker als je, es ist der Anfängerin unmöglich, emporzukommen, dem anerkannten Talent schwer, sich zu behaupten. Man treibt die Gehässigkeit so weit, dass man im Künstlerhaus Arbeiten refüsiert, weil sie von Frauen sind, und wenn sie von anerkannten Malerinnen herstammen. Es wird nicht unbescheiden sein, wenn ich Marie Egner und mich zu den letzteren zähle und doch widerfuhr uns dieses Schicksal. Zurückgewiesen, weil wir Frauen sind!“
(Wiener Journal, 15.1.1903, S. 3)

Quellen:
Ilse Korotin (Hg): BiografiA: Lexikon österreichischer Frauen. Wien, u.a. 2016, Bärbel Holaus (Tagebücher von Olga Wisinger-Florian, Besitz Galerie Giese und Schweiger. L.: Futscher 1994, Holaus 1999, Weninger 1991); Marianne Baumgartner: Der Verein der Schriftstellerinnen und Künstlerinnen in Wien (1885–1938). Wien: Böhlau 2015, S. 327-340; Die Presse, 29.10.1887, S. 9; Reichspost, 29.6.1910, S. 7; https://www.leopoldmuseum.org/de/ausstellungen/110/olga-wisinger-florian; https://fraueninbewegung.onb.ac.at/node/1088; Volksblatt, 16.12.2020.

Olga Wisinger-Florian
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