Ava (auch Ava von Göttweig oder Ava von Melk
erste namentlich bekannte deutschsprachige Dichterin
Geboren um 1060. Über Avas Leben lässt sich den biografischen Angaben ihres Werkes zufolge nur entnehmen, dass sie die erste namentlich bekannte deutschsprachige Dichterin, verwitwet und Mutter zweier Söhne ist. Gemeinhin, wenngleich nicht unwidersprochen, wird die Dichterin Ava mit der Inklusin Ava, deren Tod die Melker Annalen zum Jahr 1127 verzeichnen, und deren Todestag im Melker Totenbuch derselben Handschrift am 7. Februar eingetragen ist, gleichgesetzt. Neben Melk finden sich Name und Todestag noch in den Nekrologien der Klöster Garsten, Klosterneuburg, Sankt Lambrecht und Zwettl vermerkt. Diese Ava inclusa dürfte im Raum von Niederösterreich eine bekannte Persönlichkeit gewesen sein, deren Wirkungsort allerdings bislang nicht mit Sicherheit bestimmt werden konnte. Das Idiom der Gedichte sowie die darin sich zeigenden Vorstellungen verweisen auf einen adeligen Hintergrund der Dichterin. Aufgrund der gewonnenen biografischen Bruchstücke und weiteren ihrem Werk immanenten Kriterien ist für sie entsprechend den zeitgenössischen religiösen Bewegungen und geistlichen Lebensformen sowohl das Dasein einer Inklusin, eingeschlossen auf Lebenszeit in einer Zelle an einer Pfarr- oder Klosterkirche, nur durch ein Fenster mit der Außenwelt verbunden, als auch das einer „conversa“, einer im späteren Leben als Witwe ins Kloster eingetretenen Nonne denkbar (Küsters 1985). Joseph Diemer (1849) ist es zu verdanken, dass Ava und ihre Dichtungen bekannt wurden. Er brachte Ava mit Göttweig in Verbindung, indem er einen Sohn Avas als Abt von Göttweig, Hartmann (amt. 1094–1114) identifizierte, was allerdings jedweder Quellengrundlage entbehrt. In Göttweig ist eine romantische Tradition aus dem 19. Jahrhundert lebendig, verbunden mit dem sogenannten Ava-Haus in 3511 Kleinwien, Avastraße 7, und dem sogenannten Ava-Turm im Tal des Fladnitzbaches, das den Westabhang des Göttweiger Berges vom Dunkelsteiner Wald trennt. In dem mehrfach umgebauten Turm aus Stein soll Frau Ava am 7. Februar 1127 gestorben sein.
Die Erinnerung an die erste bekannte deutschsprachige Dichterin wird von der Frau Ava Gesellschaft für Literatur mit Sitz in Paudorf bei Göttweig durch die Stiftung eines Frau Ava Literaturpreises für Autorinnen wachgehalten. Der Preis wurde erstmals 2003 im Zwei-Jahres-Rhythmus vergeben. Die öffentliche Bücherei in Paudorf ist ebenfalls nach Frau Ava benannt.
Werke: A. ist die Autorin von vier (fünf ) epischen Gedichten: „Johannes“, „Leben Jesu“, („Die Sieben Gaben des Heiligen Geistes“), „Antichrist“ und „Das Jüngste Gericht“ (Textausgaben: Maurer 1966; Schacks, 1986). „Die Sieben Gaben des Heiligen Geistes“ bildet den abschließenden Teil vom „Leben Jesu“ und wird vereinzelt als eigenes Gedicht ausgewiesen. A.s Werke sind in zwei Handschriften überliefert: Vorau, Stiftsbibliothek, Codex 276, eine Sammelhandschrift geistlicher und weltlicher Dichtungen aus der zweiten Hälfte des 12. Jahrhunderts (ohne „Johannes“) fol. 115v-fol. 125r und Görlitz, Bibliothek der „Oberlausitzischen Gesellschaft der Wissenschaft in Görlitz“ Codex A III. 1. 10, eine Bilderhandschrift aus dem 14. Jahrhundert (ohne die Schlussverse des „Jüngsten Gerichts“ mit der Namensnennung der Dichterin), die Handschrift gilt seit dem 1. Weltkrieg als verschollen.
Entnommen:
Ilse Korotin (Hg): BiografiA: Lexikon österreichischer Frauen. Wien, u.a. 2016 (Ingrid Roitner, L.: Bjørnskau 2000, Diemer 1985, Hutz 2000, Kugler 2001, Küsters 1985, Maurer 1966, Papp 1978, Schacks 1986, Schulze 1980, Stein 1976); https://de.wikipedia.org/wiki/Ava_(Dichterin).