Angela Langer
Hausangestellte, Schriftstellerin

(Foto: Buchabdruck Autobiografie)

Geboren als Angela Prager am 21.12.1884 in Wien. Erst nach der offiziellen Anerkennung durch ihren Vater erhielt sie 1905 den Familiennamen Langer.1 Sie wuchs in Langenlois auf, wo ihre Eltern eine Gemischtwarenhandlung betrieben. Angela war das Älteste von zehn Kindern, die finanzielle Lage der Familie war angespannt. Daher ging Angela mit 15 Jahren als Kinder- und Dienstmädchen nach Krems. Angela war von großem Bildungshunger getrieben und nahm in ihren wenigen freien Abendstunden Englisch-Unterricht bei der Sprachlehrerin Risa de Vall.2 Der in Krems ansässige Schriftsteller Josef Wichner wurde auf Angela aufmerksam und unterstützte ihre ersten schriftstellerischen Versuche.3
1902 verließ Angela Krems und ging als Hausangestellte nach Budapest. 1911 übersiedelte sie nach London, wo als Hausangestellte bei der Tochter des deutschen Auslandskorrespondenten Otto Brandes arbeitete und hier auch in ihrer Entwicklung als Schriftstellerin gefördert wurde.4 1913, sie lebte mittlerweile in Brüssel, wurde ihr erster Roman „Stromaufwärts“ beim renommierten S. Fischer-Verlag in Berlin veröffentlicht. Der Roman ist autobiografisch und erzählt auch von ihren Kremser Jahren. Das prekäre Leben von Hausangestellten, geprägt durch „Nachstellungen von Männern, Krankheit, neue(m) Dienst“ (Rezension „Grazer Tagblatt“, 19135), ist Inhalt ihrer eindrücklichen Beschreibungen, die deutsche und österreichische Rezensent_innen beeindrucken.6) Langer selbst übersetzte das zunächst auf Englisch geschriebene Buch ins Deutsche und Französische.
Nach Ausbruch des Ersten Weltkrieges versuchte sie zunächst vergeblich in Krems eine Stelle als Krankenpflegerin zu bekommen. Sie bekam eine Stellung als Hausdame in Böhmen, gab diese aber bald wieder auf, um wieder schriftstellerisch tätig sein zu können.
1915 übersiedelte Angela Langer nach Berlin. Hier fand sie Anschluss an literarische Kreise und Förderung. Ihr zweiter Roman „Der Klausenhof“ über das Leben eines Südtiroler Bauernsohns erschien 1916, wiederum bei S. Fischer. Angela Langer, die zeitlebens mit existenziellen Problemen zu kämpfen hatte, erkrankte ernsthaft und kehrte zu ihrer Familie, die mittlerweile nach Neustift im Felde (heute eine Katastralgemeinde von Kirchberg am Wagram) gezogen war, zurück. Hier starb sie nach wenigen Tagen am 25.6.1916.7

Hervorgehoben wurden in der zeitgenössischen Presse das Erzählen der Autodidaktin aus dem „eigensten Erleben“ und ihre künstlerische Reife. Als sie vom Tod Angela Langers erfuhr, schrieb die deutsch-russische Schriftstellerin und Psychoanalytikerin Lou Andreas-Salomé: „Dreißig Jahre Leben (1886—1916): grade nur lang genug, ‚Stromaufwärts‘ von der Magd bis zu der Schriftstellerin zu gelangen, aber genug auch, damit man stehen bleibe vor diesem Leben, – weniger noch um der gewordenen Schriftstellerin als um des tief-ursprünglichen Menschen willen, der solches erreichte“, (Literarisches Echo, Dez. 1916, 2. Ausg.).
Nachdem Angela Langer lange Zeit in Vergessenheit geraten war, bemüht sich in den letzten Jahren ein interessierter Kreis um Detlev Gamon in Kirchberg am Wagram ihr Werk wieder der Öffentlichkeit bekannt zu machen.8
(Edith Blaschitz)

Angela Langer über ihre Zeit als junges Dienstmädchen in Krems:
„Als wir einmal, es war an einem Samstagnachmittag, daran waren, die verschiedenen Kochbretter sowie den Boden zu scheuern, bemerkte die Köchin, daß meine Augen wieder einmal vom Weinen dick geschwollen waren. ‚Was haben Sie denn‘, frug sie mich in ihrer teilnehmenden Art, ‚ich glaube gar, Sie haben Heimweh!‘ Ich schüttelte langsam und nachdenklich den Kopf: ‚Ich glaube nicht, daß es Heimweh ist, ich glaube vielmehr, daß es der Wunsch ist, etwas zu lernen.‘ ‚Lernen,‘ wiederholte sie, ‚du lieber Gott, was denn?‘ ‚Ich weiß nicht,‘ sagte ich zögernd, ‚ich weiß nur, daß ich gar nichts kann.‘ ‚Nichts kann? Das will ich nicht sagen, ich bin ganz zufrieden, wie Sie mir bei der Arbeit helfen.‘ ‚Das schon, aber ich meine, ich kann weder Französisch noch Klavier.‘ ‚Französisch und Klavier, das brauchen Sie aber doch nicht in Ihrem Beruf.‘ ‚Das schon, aber ich möchte einen anderen Beruf haben.’“
(aus: Angela Langer: Stromaufwärts. Aus einem Frauenleben, 1913, S. 72).

Werke:9
Das Dichtende Dienstmädchen. In: Pan, H. 23, 1913.
Stromaufwärts. Aus einem Frauenleben. Roman. Berlin: Fischer 1913.
Der Klausenhof. Roman. Berlin: Fischer 1916.
Deghina. Erzählung. In: Die neue Rundschau. Jg.17, H. 8, 01.08.1916, S.1115-1121.

Quellen:
Langer, Angela: Stromaufwärts. Aus einem Frauenleben. Berlin: Fischer 1913; Grazer Tagblatt; Ilse Korotin (Hg): BiografiA: Lexikon österreichischer Frauen. Wien, u.a. 2016  (Q.: L.: Braun-Prager 1936, Giebisch/Gugitz 1964, Giebisch/Pichler/Vansca 1948, Kosch 1968, ÖBL, Raabe 1964, Schmid-Bortenschlager/Schnedl-Bubenicek 1982, Spiero 1950); o.A.:Biographie der Angela Langer (1884-1916), 4.3.2019. 

Angela Langer

Fußnoten

  1. o.A.:Biographie der Angela Langer (1884-1916), 4.3.2019
  2. Ebd., Zu ihrer Kindheit und der Arbeit als Dienstmädchen siehe auch den autobiografischen Roman „Stromaufwärts“.
  3. Siehe die Würdigung von Josef Wichner nach Angela Langers Tod in: Österreichische Land-Zeitung, 3.7.1916, S. 2.
  4. Siehe BiografiA
  5. Grazer Tagblatt, 27.4.1913, S. 4.
  6. Rezensionen siehe u.a. Berliner Börsen-Zeitung, 18.4.1913, S. 10;  Berliner Tageblatt und Handelszeitung, 11.6.1913, S. 17; Kölnische Zeitung, 13.7.1913, S. 7; Karlsruher Zeitung, 1.5.1914, S. 1; Pilsner Tagblatt, 1.9.1913, S. 3;  Österreichische Frauenrundschau/Mitteilungen der Vereinigung der arbeitenden Frauen, Jänner 1913, S. 10f; Arbeiter-Zeitung, 9.6.1913, S. 5.
  7. o.A.:Biographie der Angela Langer (1884-1916), 4.3.2019
  8. siehe https://www.kirchberg-wagram.at/images/geschichte/whoiswho/Angelika_Langer. Über diese Bemühungen wurde auch die Verfasserin auf Angela Langer aufmerksam. Die Verfasserin bedankt sich bei Detlev Gamon für die biografische Beratung und viele wichtige Informationen zu Angela Langer.
  9. Weitere Abdrucke und Erwähnungen siehe hier.
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