Leopoldine Pokorny
Hausfrau, Aktivistin

Geboren 1866 in Krems. Leopoldine Pokorny berief 1906 das Komitee zur „Schaffung der Wachauer Tracht“ ein, das für die Wiederbelebung der vergessenen Wachauer Tracht eintrat. 1910 spielte Leopoldine Pokorny eine maßgebliche Rolle beim „Kremser Hausfrauenboykott“, der  großes Aufsehen in der gesamten Donaumonarchie erregte. Fleisch war landesweit so teuer geworden, dass es auch für bürgerliche Familien kaum mehr leistbar war. Kremser Fleischhauer boten ihre Ware offenbar zu besonders hohen Preisen an. Unter der Führung der in der Presse meist als „Professorengattin“ benannten Leopoldine Pokorny riefen bürgerliche Hausfrauen aus Krems zum Boykott der örtlichen Fleischhauer auf und ließen sich das Fleisch aus Stein oder gar aus Wien und Oberösterreich liefern. Ganz Krems war mit Aufrufen zum Boykott plakatiert. Die landesweite Presse stürzte sich auf diese Nachricht. Der „Kremser Hausfrauenboykott“ wurde in zahlreichen Blättern der Donaumonarchie diskutiert und die Kremser Hausfrauen für ihre Widerständigkeit gelobt. Selbst Karl Kraus beschäftigte sich mit der „Professorsgattin Pokorny“ und dem „Kremser Hausfrauenboykott“ in seiner Zeitschrift „Die Fackel“. Der „Kremser Hausfrauenboykott“ führte später zur Gründung der „Reichsorganisation der Hausfrauen Österreichs“. Leopoldine Pokorny starb 1917 in Krems.
(Edith Blaschitz)

„Die Professorsgattin Frau Leopoldine Pokorny braucht dem Publikum nicht vorgestellt zu werden. Diese vortreffliche Dame, die aus dem Rahmen der Familie zuerst herausgetreten ist, gedrängt von der allgemeinen Not, die durch die Fleischteuerung hervorgerufen wurde, hat ihren Namen für immer mit der Bewegung gegen den agrarischen Druck verknüpft. Ihre entschiedene und dabei so besonnene und weibliche Art hat eine so starke Wirkung gehabt, daß die Wellen, die von Krems ausgegangen sind immer weitere Kreise ziehen.“
(Neue Freie Presse, 13.5.1911, S. 33)

„Fleischboykott in Krems.
seit einer Woche beherrscht in Krems ein Gegenstand das Tagesgespräch, in allen Familien, in allen Lokalen, allerorts und überall wird über die Fleischpreiserhöhung und den Fleischpreisboykott gesprochen, der dem Beschlusse der Frauenversammlung vom 22. Juni gemäß am 23. d. einsetzte und seither insbesondere von der Beamtenschaft, den Pensionisten und Arbeitern auch durchgeführt wird. Eine Vertretung des Frauenausschusses, an dessen Spitze Frau Professor L. Prokorny steht, gab am 25. Juni Herrn Gs. Josef Pöschl, Obmann der Fleischhauerinnung, die Wünsche der Frauenversammlung auf Herabsetzung der Preise bekannt, worauf Herr P ö s ch l erklärte, das dies den Fleischermeistern erst dann möglich sei, wenn die Viehpreise wieder senken. Daraufhin leitete der tatkräftige Aktionsausschuß eine lebhafte Agitation für den Fleischboykott ein. Durch Plakate die an allen Ecken und Enden angeklebt, durch Tafeln, welche durch die Straßen der Stadt getragen wurden, richtete er an die Frauen die Aufforderung, in Krems kein Fleisch mehr zu kaufen und erklärte jede Frau, die dies dennoch tue, für eine Streikbrecherin. Gleichzeitig wurde mit Fleischhauern der Wachau bis hinauf nach Arbing (Oberösterreich) in Verbindung getreten, welche mit dem hier um 7:42 Uhr früh eintreffenden Morgenzug das Fleisch um K. 152 das Kilo liefern, das wieder in der neu eingerichteten Verkaufsstelle am Marktplatz (städt. Butterwage) an alle abgegeben wird, welche am Vortage solches bestellt haben. Indessen erschien Frau Prof. Pokorny in Begleitung von vier Frauen auch beim Bürgermeister, um den Gemeindevorstand aufzufordern, in der Frage Stellung zu nehmen. Der Bürgermeister verlangte schriftliche Bekanntgabe der Wünsche, worauf er mit den Fleischermeistern verhandeln werde. Viele Frauen kaufen auch ihr Fleisch in Stein. Das Frauenkomitee teilt uns mit: ‚Uns sind zu unserer Bewegung schon zahlreiche Zustimmungskundgebungen und Vorschläge, insbesondere seitens der Hausfrauenorganisationen zugekommen. Die Boykottbewegung geht unbehindert weiter, es sind bisher nahe an 300 Familien in den Streik getreten.'“

(Österreichische Land-Zeitung, 2.7.1910, S. 9)

Quellen:
Kremser Volksblatt , 10.6.1910, S. 3.
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