Hermine Cloeter (Ps. Justine Lot)
Schriftstellerin
Hermine Rosa Justine Cloeter wurde am 31.1.1879 in München als Tochter von Berta (geb. Dübell) und Christoph Cloeter (gest. 1921) geboren. Der Vater stammte aus einer nach Holland ausgewanderten Hugenottenfamilie, die Mutter war gebürtige Wienerin. 1881 (1880?) Übersiedlung nach Wien, wo der Vater eine Lackier- und Metallwarenfabrik eröffnete. Hermine Cloeter studierte an verschiedenen Privatlehranstalten, vor allem Fremdsprachen, Kunstgeschichte, Musik und Gesang. Sie wollte Konzertsängerin werden, doch die Eltern verweigerten die finanzielle Unterstützung. Cloeter begann daraufhin, unter dem Pseudonym „Justine Lot“, novellistische Skizzen zu schreiben, die ab 1902 publiziert wurden. Zwischen 1908 und 1913 unternahm sie Studienreisen nach Frankreich, Italien, England, Deutschland und in die Schweiz. Sie befasste sich intensiv mit Johann Wolfgang von Goethe, seit 1927 im Vorstand des Wiener Goethe-Vereins.
Um 1910 besuchte sie erstmals die Wachau, wo sie später regelmäßig war und ab 1929 auch ein Haus besaß. Als Kennerin der „Wachaumaler“ in Dürnstein, sie war insbesondere mit Maximilian Suppantschitsch und Johann Nepomuk Geller befreundet, leistete sie einen erheblichen Beitrag zu deren Bekanntmachung – aber auch zur touristischen Propagierung der Wachau. Ihre Aufsätze über die Wachau wurden 1923 im Buch „Donauromantik – Tagebuchblätter und Skizzen aus der goldenen Wachau“ veröffentlicht.
1907 bis 1939 erschienen ihre Feuilletons in der „Neuen Freien Presse“, in späteren Jahren war sie ständige Mitarbeiterin. Sie kündigte 1932 ihre Stelle, nahm diese 1934 wieder auf, wenngleich sie sich nach eigenen Angaben wegen ihrer „treudeutschen Gesinnung“ abgelehnt fühlte. 1933 trat Hermine Cloeter der NSDAP bei.
In populären Büchern beschäftigte sie sich vor allem mit kultur- und musikgeschichtlichen Themen aus Wien. 1919, anlässlich der Verleihung des Ebner-Eschenbach-Preises, wurde sie als „berufenste und liebevollste Schilderin des alten Wiens“ (Neue Freie Presse, 11.9.1919, S. 7) und unter geänderten politischen Vorzeichen 1944 anlässlich der Verleihung der „Ehrenmünze der Stadt Wien“ durch den Wiener Bürgermeister Hanns Blaschke als „anmutige Schilderin Alt-Wiens, die sich auch um die Mozart-Forschung verdient machte“ (Illustrierte Kronenzeitung, 4.5.1944, S. 4) bezeichnet.
Aus Anlass der Volksabstimmung vom 10. April 1938 über den „Anschluss“ Österreichs unterzeichnete Hermine Cloeter als Mitglied das „Bekenntnis des Bundes deutscher Schriftsteller zum Führer“ im „Neuen Wiener Tagblatt“ (3.4.1938). Sie war Mitglied der Reichsschrifttumskammer, aus der sie im Herbst 1941 aufgrund geringer literarischer Produktion ausgeschlossen wurde. Cloeter protestierte und wurde am 17. Dezember 1941 wieder als Vollmitglied aufgenommen. Nach Angaben in ihrem Tagebuch war sie jedoch zunehmend enttäuscht von der politischen Entwicklung. Nach Kriegsende wurde sie Entnazifizierungsmaßnahmen unterzogen. 1948 wurde sie amnestiert, mußte allerdings eine Sühnezahlung leisten. 1963, schon erkrankt, zog sie nach Weißenkirchen in der Wachau. Sie starb am 22.2.1970 in Krems.
Ausz., Mitglsch.: 1919 Ebner-Eschenbach-Preis, 1944 Ehrenmünze der Stadt Wien, 1954 Professorentitel, 1958 Mozart Medaille, 1964 Österreichisches Ehrenkreuz für Wissenschaft und Kunst, 1969 Ehrenbürgerin der Marktgemeinde Weißenkirchen Wachau, 1970 Ehrenmedaille der Stadt Wien, 1976 Benennung einer Gasse im Wiener 14. Bezirk. Gedenktafel an ihrem Wohnhaus Schaumburgerstraße 6. Mitglied des Goethe Vereins, ab 1927 Vorstand, Mitglied der Grillparzer Gesellschaft, Ehrenmitglied der Mozartgemeinde in Wien, Ehrenmitglied des Vereins für Geschichte der Stadt.
Werke, u. a.: Zwischen gestern und heute. Wanderung durch Wien und den Wienerwald (1911), Häuser und Menschen von Wien (1915), Geist und Geister aus dem alten Wien. Bilder und Gestalten (1922), Donauromantik. Tagebücher und Skizzen aus der goldenen Wachau (1923), An der Grabstätte W.A. Mozarts. Beitrag zur Mozartforschung (1931), Ein Kronjuwel der Wachau in Gefahr (Hg. Hermine Cloeter). Wien 1933, Mozarts Beziehungen zu Johann Thomas und Therese von Trattner (1933), Johann Sebastian Bach und Georg Friedrich Händel im Wiener Musikleben (1937 = Mitteilung der Akademie zur Cocceia | C 515 wissenschaftlichen Erforschung und zur Pflege des Deutschtums), Beglücktes Wandern (1947), Johann Thomas Trattner. Ein Großunternehmer im Theresianischen Wien (1952), Verklungenes Leben. Die Geschichte einer Familie im Spiegel der Zeiten (1960), Ideale und Wirklichkeiten. Aspekte der Geschlechtergeschichte. Briefwechsel zwischen Hermine Cloeter, Emma Cloeter und Otto von Zwiedineck-Südenhorst 1893–1957 (1995).
(Edith Blaschitz)
Quellen:
Uwe Baur, Karin Gradwohl-Schlacher: Literatur in Österreich 1938-1945. Handbuch eines literarischen Systems. Wien: Böhlau 2018, Bd. 4, S. 165-168; Ilse Korotin (Hg): BiografiA: Lexikon österreichischer Frauen. Wien, u.a. 2016; Wolfgang Krug: Wachau. Bilder aus dem Land der Romantik. Wien: Brandstätter 2003; https://de.wikipedia.org/wiki/Hermine_Cloeter; https://data.onb.ac.at/nlv_lex/perslex/CD/Cloeter_Hermine.htm; http://agso.uni-graz.at/marienthal/biografien/cloeter_hermine.htm; Die Weltpresse, 28.1.1949, S. 8.