Minna/Mina Forstner (Forstner-Sauer, Ps. Wilhelmine Richter)
Schriftstellerin, Malerin

Wilhelmine Forstner wurde am 6.1.1870 in Krems als Tochter des Lehrers Johann Forstner und seiner Frau Juliana geboren.1
1905 erschien ihr Roman „Fräulein Doktor“ über die junge Medizinstudentin Lore in der Zeitschrift „Blatt der Hausfrau“ unter dem Pseudonym „Wilhelmine Richter“.2  In diesem als Fortsetzungsroman publiziertem Werk beschäftigte sich Forstner mit einem damals sehr neuen emanzipatorischen Schritt für Frauen, waren diese doch erst 1900 zum Medizinstudium zugelassen worden. Um diese Zeit erschien auch eine Sammlung von Erzählungen im Band „Aus dem Waldviertel“. Weitere Erzählungen wurden in der Zeitschrift „Der Bazar“ veröffentlicht.3 Als ihr Vater im Jahr 1913 starb, wurde Mina/Minna in der lokalen „Österreichischen Land-Zeitung“ als „bekannte Schriftstellerin“ bezeichnet.4

Mina Forstner trat in Krems auch als Malerin in Erscheinung. 1908 beteiligte sie sich an der „Jubiläums-Kunst-Ausstellung“, wo u.a. auch arrivierte Malerinnen und Maler wie Gustav Bamberger, Olga Florian-Wisinger, Anna Tischler, Gabriele Murad-Michalkowski, Max Suppantschitsch, Emil Strecker und Eduard Zetsche vertreten waren. Im Juni 1914 wurde in Krems ein von Forstner gemaltes Portrait in der einzigen bisher bekannten Ausstellung der „Vereinigten Künstlerinnen der Wachau“ gezeigt, einem Zusammenschluss künstlerisch aktiven Frauen, die aus Krems stammten oder hier (zeitweilig) lebten. 5 In der „Österreichischen Land-Zeitung“ (13.6.1914) wurde die Technik des „vielseitig begabten Fräuleins Minna Forstner“ zwar bemängelt, die Ähnlichkeit des von ihr gemalten Portraits jedoch gelobt.
Die künstlerischen Ambitionen wurde durch den wenige Monate später beginnenden Ersten Weltkrieg unterbrochen.  Nun betätigte sich Mina Forstner karitativ: Sie unterstützte Johannes Sauer (1848-1934), Primar am Kremser Krankenhaus, in der Einrichtung eines „Reservespitals“ für verletzte Soldaten mit 120 Pflegeschwestern, sammelte Gelder für Flüchtlinge und veranstaltete Wohltätigkeitskonzerte zugunsten des Roten Kreuzes.
In den 1920er Jahren schrieb Mina (Minna) Forstner literarische Beiträge und Buchrezensionen in der katholischen, der „Christlichsozialen“ Partei“ nahestehenden, Zeitung „Reichspost“. Auch hier beschäftigte sie sich mit der Lohnarbeit von Frauen (z.B. „Die Kassierin“, „Das erste Honorar“). 1929, sie stand in ihrem 59. Lebensjahr, heiratete sie  Johannes Sauer im Jahr6. Danach publizierte sie unter dem Namen „Mina Forstner-Sauer“. 1931 wohnte sie in der Wertheimstraße 4 (=Ringstraße).7
Minna Forstner-Sauer starb am 18.6.1956 in Krems. Auf der Parte, die ihre Hinterbliebenen verfassten, ist ihr Doppelname verschwunden, ebenso wird ihre Witwenschaft vorrangig genannt: „Wilhelmine Sauer, Obermedizinalratswitwe und Schriftstellerin“. 8 Bald geriet die einst „bekannte“ Schriftstellerin in Vergessenheit.
(Edith Blaschitz)

Literarische Werke:
Fräulein Doktor (Ps. Wilhelmine Richter, Fortsetzungsroman, in „Blatt der Hausfrau“, 1905); Beethoven-Trio (Lustspiel, siehe Reichspost, 3.12.1926, S. 6); Erzählungen: Aus dem Waldviertel (Erzählband, Graz, o.J.); Blumen am Wege (Der Bazar, 1.12.1908); Unterm singenden Baum (Der Bazar, 6.11.1911); Kassierin, Reichspost, 9.9.1927, S. 1-2; (Mina Forstner-Sauer): Das erste Honorar, (Reichspost, 25.2.1930, S. 2).

Zitat aus „Fräulein Doktor“:
„‚Lore,‘ begann sie nur zögernd. ‚Ich möchte dich gern etwas fragen.‘ ‚Bitte,‘ klang es höflich vom Waschtisch her. ‚Ich wüßte nämlich so gern — es ist aufrichtige Teilnahme, Verstehst du? — ob dich deine Berufswahl wirklich ganz befrie­digt. So vom Herzen, meine ich.‘ ‚Gewiß, Tante. Ich würde mich sonst nicht dazu entschlossen haben.‘ ‚Sind deine Eltern sind bereits einverstanden?‘ „Sie verkümmern mir wenigstens nicht mehr das Recht, meine Zukunft selbständig auszugestalten.‘ ‚Hm — siehst du, ich bin eine alte Frau mit unmodernen Ansichten, aber die Vorstellung, dich mit jungen Studenten zu­ gleich beim Seziertisch oder vor allerlei ekligen Krankheitsfällen zu sehen, ist nur ganz ungeheuerlich.“

 

Quellen: Österreichische Land-Zeitung, 23.5.1908, S. 10; Neues Wiener Tagblatt, 3.6.1914, S. 15; Österreichische-Land-Zeitung, 13.6.1914, S. 7; Österreichische Land-Zeitung, 10.12.1914, S. 3; Reichspost, 27.12.1914, S. 6; Österreichische Land-Zeitung, 10.9.1915, S. 3; Österreichische Land-Zeitung, 18.9.1915, S. 6; Adressbuch Krems 1931; Österreichische Land-Zeitung, 23.5.1908, S. 10; Kleine Volkszeitung, 30.12.1934, S. 7; Wiener Medizinische Wochenschrift 1935; Hinweis Sabine Laz (museumkrems), 13.7.2023.

Mina Forstner

Fußnoten

  1. Siehe Taufbuch Krems, Jänner 1870 (Recherche Dagmar Engel).
  2. Blatt der Hausfrau“, 1905, Heft 28.
  3. Der Bazar, 1.12.1908, S. 6.
  4. Österreichische Land-Zeitung, 19.7.1913, S. 7.
  5. Grete Gause, Mini Gause, Liesl Kinzel, Gabriele Murad-Michalkowski, Emma von Michalkowski, Mary Onken-Palme  hatten sich bereits an Ausstellungen beteiligt und blieben weiterhin als Künstlerinnen aktiv, während Resy von Braulick, Margarete Mohr, Martha Pollhammer, Fanny von Rosenbaum, Dora Schmitt  und Lilly von Schweitzer wohl eher im privaten Raum malerischen Ambitionen nachgingen.
  6. Hinweis Sabine Laz, weiters siehe Trauungsbuch Dürnstein, August 1929 (Recherche Dagmar Engel).
  7. Adressbuch Krems 1931, hier scheint sie in der Rubrik „Schriftsteller“ auf.
  8. Sammlung Partezettel, Stadtarchiv Krems (Recherche Dagmar Engel).